Furchtbarer Satz. Ist aber was dran. Ich habe mir schon sehr, sehr lange nichts mehr gegönnt.
Irgendwie schon seltsam, dass man das, was einem gut tut – so viel zu selten macht. Urlaub, zum Beispiel.
Wenn dieser Beitrag hier erscheint – bin ich bereits ein paar Tage zu Fuß unterwegs durch Deutschland. Wandern, mit allem auf dem Rücken, was ich brauche. Gemeinsam mit meiner coolen Sau. Nur wir zwei – und die Stille.

Kein Internet. Keine Arbeit. Kein Anspruch.

Ich habe knappe 15 Jahre (in Worte: fünfzehn!) keinen Urlaub gemacht. Nicht unbedingt, weil ich mir keinen leisten konnte. Ich wollte mir keinen leisten. Ich habe selbst mit aller Kraft daran gearbeitet, bloß keinen Urlaub hinzubekommen. Nicht immer bewusst – dafür aber erfolgreich. Und 15 Jahre irgendwie nur studieren, arbeiten und n paar Tage frei im Bett liegen – das bringt´s nicht. Für mich zumindest.

Freizeit – ist nicht gleich freie Zeit.

Ich muss meine freie Zeit mit Dingen verbringen. Beschäftigt sein. Das merke ich. Tue ich das nicht, habe ich dieses Sonntag-Abend-morgen-ist-wieder-Schule-Gefühl. Es kommt mir vor, als hätte ich meinen Tag vergeudet. Gestohlene Lebenszeit, die mir nichts und niemand wiederbringen kann. Frustrierend. Macht mich depressiv. Trotzdem, obwohl ich das ganz genau weiß, verbringe ich einen Großteil meiner freien Zeit damit, im Bett zu liegen und YoutTube Videos zu schauen, oder an meine Raufasertapete zu starren. Wenn mir nach richtig Action ist – schaue ich Filme und Serien, die ich bereits kenne. Was einige sind.
Alles in allem kein recht befriedigendes Freizeitverhalten. Gilt doppelt bei Sonnenschein vor der Tür.

Ich habe keine Ahnung, warum ich das tue. Ich weiß es besser. Aber ich kann nicht. Ich kann nicht wollen, wenn man so will. Ist mir alles zu anstrengend, alles zu viel. Rumliegen ist doch auch Freizeit. Ja, Pustekuchen. Am Arsch ist das Freizeit. Das ist freie Zeit, allerhöchstens.

Ich habe so viel Zeit. Und keine Zeit, sie zu verschwenden.

Das oben ist eine Songzeile, die ich mit 22 geschrieben habe. Das ist 12 Jahre her jetzt. Hat sich nicht viel geändert. Was will ich sagen? Folgendes:
Mein „Freizeitverhalten“ glich dem eines ausrangierten Kühlschrankes. Weil ich mir selbst zu viel Druck gemacht habe, zu viele Erwartungen in mich selbst setzte, zu wenige Auswege aus Situationen zuließ. Denn ich brauche immer einen „Weg raus“, so mir etwas zu viel wird. So ticke ich. Dass man von einer Party auch einfach gehen könnte, auch wenn man erst 5 Minuten da ist – wäre mir vor einem Jahr nicht in den Sinn gekommen. Und deshalb wäre ich garnicht erst aufgetaucht. Das ist mit Freizeit ähnlich. Und auch mit dem Urlaub.

Ich kann jederzeit nach Hause fahren – und deshalb muss ich das wahrscheinlich nicht tun.

Die Freiheit, jederzeit aufhören zu dürfen, jederzeit zurück in meine Höhle krabbeln zu können – die erlaubt es mir, überhaupt Dinge anzugehen, die mich so weit bringen könnten, vielleicht garnicht mehr so häufig auch wirklich in diese Höhle zu müssen. Sprich: aktive Freizeit hilft. Aktive Freizeit mit Option zum Abbruch ohne Konsequenzen: hilft nicht nur, ist sogar machbar.

Auswege offen lassen – erlaubt mir, mir wieder Dinge zu gönnen. Das ist verrückt – aber das bin ich ja auch. Von daher ist es also irgendwie auch okay.

Liebe Partner/Umgang von und mit Depressiven: Wenn ihr eurem Menschen mit einer großen Auswahl von Grautönen im Kopf etwas Gutes tun wollt: Eventuell hilft die ernstgemeinte Option, jederzeit konsequenzfrei und ohne Rechtfertigung abbrechen zu können. Das ist nicht immer machbar, das weiß ich. Aber vielleicht als Gedanke im Hinterkopf. Manchen hilft es. Vielleicht auch bei euch.

Liebe Depressive: Fluchtmöglichkeiten. Die kann man sich selbst immer einräumen. Oder es zumindest versuchen.

„Ich kann dieses und jenes tun – und ich kann jederzeit wieder damit aufhören und nach Hause.“

Auch aus einem Urlaub. Aber ich glaube fest daran, noch dort zu sein, wenn ihr diese Zeilen lest…

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