Das mag heute nur am Rande mit Depressionen zu tun haben. Dafür ne Menge mit einem ramponiertem Selbstwertgefühl. Um noch genauer zu werden: mit meinem ramponierten Selbstwertgefühl.
Woher das kommt – ist meine Sache, nehmen wir das einfach mal als gegeben hin.
Dieses Gefühl, nichts wert zu sein, Dinge nicht zu verdienen, viele Menschen mit Depressionen kennen das. Solange man diese Sachen nur mit sich selbst auszumachen hat – bekommen das erstaunlich wenige Menschen mit. Man jammert ja nicht über sich selbst, dass man nichts wert sei und nichts verdiene – es ist vielmehr diese ungesunde Saat im Kopf, die sich im Verstand und vor allem im Herzen zu einem Tumor ausweitet, darin pulsiert und so ziemlich jedes Erleben kommentiert. Nicht unbedingt bewusst in konkreten „Stimmen“, aber in einem Misstrauen, in Grenzen und Graben, kurzum häufig in einem „das ist zu gut, um wahr zu sein – also ist es das auch nicht.“
Dass das Probleme im Alltag gibt – geschenkt. Sage ich irgendwann später mal was zu.
Da aber heute ja Valentinstag ist – auch da sage ich später noch wat zu – ein kurzer Einwurf zum Thema „Liebe“.
Ich kann hier nur von mir sprechen, möchte nicht verallgemeinern, denn sicherlich trifft es nicht auf jeden zu, welcher eine Depression als kleine Arschloch-Stimme in seinem Herzen tragen darf.
Das Gefühl, nichts wert zu sein, Dinge nicht zu verdienen – darf in meinem Körper, so rein alterstechnisch, schon vorne sitzen, als Beifahrer. Manchmal würde ich da gerne den Beifahrerairbag abschalten. Oder es zumindest auf den Kindersitz verbannen.
Sich „unglücklich verlieben“ – das ist meine Äußerungsweise für dieses fehlende Gefühl von Selbstwert. Nicht, dass man mich falsch versteht, jeder verliebt sich mal unglücklich, aber irgendwann stellte ich fest, dass es für mich eine Art „Lifestyle“ wurde, unglücklich in jemanden verliebt zu sein. Das war sicher. Das war vertraut. Die eigenen Gefühle wurden nicht erwidert, da ich mir ganz bewusst-unbewusst, Menschen herauspickte, wo von vornherein klar war, dass das „nix wird“. Allerdings erlebt man sowas ja nicht bewusst. Irgendetwas war einfach nur furchtbar anziehend an solchen Menschen für mich.
Es war ne sichere Bank, da bestand Sympathie, aber mehr, ganz klar und sogar ausgesprochen, eben nicht. Hoffnungslos. Frustration vorprogrammiert.
Ja, geil, sagte mein Herz dann, da verliebste dich ma gleich rein. Das wird bestimmt super.
Ist ein großartiger Kreislauf aus permanenter Enttäuschung, für den das Gegenüber nicht einmal Schuld trägt. Hausgemachte Katastrophen, handlich verpackt, für die konstante Rückversicherung, es wirklich nicht wert zu sein, geliebt zu werden.
Vor den Menschen, die aufrichtiges, romantisches Interesse zeigen – verschließt man lieber mal schön die Augen, das könnte ja was werden – und dann müsste man sich ja damit auseinandersetzen, dass man eventuell doch was wert sein könnte – ungewohntes Gefühl, daher angsteinflößend, völlig unsicheres Terrain – das lassen wir mal schön bleiben.
Lieber weiterhin die Menschen suchen, die einem nicht das geben können, was man braucht. Denn genau das braucht das geschundene Selbstbewusstsein. Es sucht Ablehnung, denn die ist vertraut.
Das mag für Menschen ohne dieses Problem unverständlich klingen. Es klingt, in so einfachen Worten, auch für mich so. Aber es ist ein Muster, welches ich jetzt, nach einiger Zeit, für mich durchschaut habe.
Verrückt. Und gleichzeitig nachvollziehbar, wenn man sich bewusst macht, dass Vertrautheit auch Sicherheit und damit Zufriedenheit gibt – auch wenn das Gefühl als solches ganz schön destruktiv sein kann.
Warum schreibe ich das eigentlich alles?
Weil man, liebe Mitmenschen, gerade ihr mit Depressionen, diesen Kack erst erkennen muss, bevor man was daran ändern kann.
Ich liege auch heute noch manchmal in den Armen meiner wundervollen Freundin und denke so still und leise vor mich hin, wann sie denn endlich mal feststellt, dass sie sich in mir getäuscht hat und mich, wie ich es verdient habe, verlässt. Auch das ist kein bewusster Gedankengang, es ist ein Gefühl, dass „irgendetwas“ nicht stimmt, so wie es ist.
Manchmal gerät das Selbstwertgefühl eben ins Trudeln, weil da ein Herz auf der selben Höhe fliegt.
Aber da meine Freundin einfach ne wahnsinnig coole Sau ist – summt sie dann die Melodie von Super Mario, fragt, ob ich n Keks möchte und kitzelt mich durch, bis ich vor Lachen kaum noch atmen kann. Das ist ein so wunderbarer leichter Umgang mit diesem beschissenen Gefühl, dass es wie von selbst verfliegt.
Man könnte auch sagen: Der Umgang mit der Schwere – erfordert Leichtigkeit.
Keine Blumen und Pralinen. Gerade nicht am Valentinstag.
Da schreibe ich diesen Artikel, meine Freundin kommt aus der Dusche, küsst mich auf die Schulter, weil sie stolz ist auf mich, und entschwebt ins Wohnzimmer. Und das ist alles, was es braucht.
Und die Knete für die Blumen und Herzen und Pralinen und den ganzen anderen, überflüssigen Piff-Paff, die spenden wir gleich einfach nem guten Zweck. Zum Beispiel der DKMS. Damit auch andere Menschen coole Säue als Freundinnen oder Freunde haben können, die sonst vielleicht an irgendeiner dusseligen Krankheit sterben müssten.
Schon geil, so ein Tag der Liebe, finde ich. Ganz ehrlich.