Wie sieht eigentlich Depression aus?
Depression ist weiblich und sitzt verzweifelt an eine Wand gelehnt mit dem Gesicht in den Händen vergraben. Glauben Sie mir, ich hab das gegoogelt.
Wann immer öffentlich über Depression berichtet wird – sitzt da irgendwo ein hilflos-aufgelöstes Weibchen rum und ist ganz doll traurig. Oder in eine Decke gewickelt.

Vielleicht, liebe Presse, bin ich der einzige Mensch, den das hart nervt. Ich weiß es nicht.
So oder so wollte ich mal loswerden:

Depression sieht anders aus.

Die Bilder in der Presse, die Bildsprache, verknüpft Depression sehr erfolgreich mit Traurigkeit, Verzweiflung und dem berühmten „Kopf in den Sand stecken“ – oder eben hier: Kopf in den Händen vergraben. Depressive sind offensichtlich Menschen mit einem Faible für Parkettboden und weite Pullover die gern mit angewinkelten Knien einsam und allein ihrer selbstverschuldeten Hilflosigkeit frönen. Im Dunkeln. Wer die Bildersuche bei Google bemüht wird mir da jetzt nicht direkt widersprechen können. Ganz schön traurig.

Ja, nu, dann gibt´s in der Presse halt Bilder von Leuten, die rumheulen. Big Deal, Tobi. Ist halt n ganz starkes, einfaches Bild, wo jeder sofort weiß, was Phase is, weil er/sie das Gefühl kennt, was da abgebildet wird.

Ja, genau. Und da liegt das Problem. Diese Bildsprache setzt eine Depression mit einer Emotion gleich, die jeder Mensch schon einmal durchlebt hat. Verzweiflung. Liebeskummer. Trauer. All das hat aber leider mit einer Depression herzlich wenig zu tun. Hier wird eine Krankheit mit einem Gefühl gleichgesetzt, welches Milliarden von Menschen bereits erfolgreich durchlebt und überwunden haben. Nur eben nicht diese depressiven Mimosen.

Ich hab auch mal schlechte Laune.

Genau solche Sätze fördern diese Bilder. Nicht bewusst. Nicht zielgerichtet. Aber vehement.
Solche Darstellungen etablieren die Vorstellung des „rumheulenden Mädchens“ als adäquates Verständnis von Depression – und da muss ich, liebe Presse, sorry, is so, kotzen. Wenn ich mich von meinem Betonboden aufgerappelt und zu heulen aufgehört habe.

Depression ist mehr. Und weniger.

Googelt mal „Querschnittslähmung“ in der Bildersuche. Die Quote von hilflosen, in ihrem Schicksal gefangenen Menschen reduziert sich drastisch. Natürlich gibt es Ausreißer, vor allem aber gibt es lachende Rollstuhlfahrer die Basketball spielen. Fällt was auf? Nein? Googeln sie „Chemotherapie“, liebe Bildredakteure. Lachende, starke Menschen mit blankem Schädel.

Nur wir haben scheinbar Lach- und Stärkeverbot.

Und ich weiß, dass es sich nun so einfach sagt – sucht doch mal andere Bilder – aber: ja.
Sucht doch mal andere Bilder. Depression hat nichts mit Traurigkeit zu tun, liebe Presse. Nichts. Depression ist Schwarz/Weiß sein, farblos sein, während alles um dich herum in prallstem Technicolor rumfetzt. Depression ist einsam sein unter Freunden. Depression ist sich verstecken und Masken tragen. Depression ist scheiße und leer. Nicht Liebeskummer.

Und wenn ihr schon unbedingt griffige Bilder mit dem Klischee von Schwarz/Weiß nutzen wollt – dann zeigt uns doch, wie wir sind. Wir lächeln und lachen. Auch wenn wir innen taub und farblos sind.

Bild: Jana Schoo

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