„Stark die Ohnmacht in ihm ist“ säuselt mir Meister Yoda resigniert ins Ohr, wenn ich mich mal wieder lediglich als Spielball meiner Umwelt begreife. Alles funktioniert mit mir – aber eben auch gut ohne mich. Da kann man sich schon mal wertlos fühlen. Und machtlos.

Gerade in meinen depressiven Schüben sind diese Gedanken sehr häufig da. Und sie schleichen nur in den seltensten Fällen von selbst davon. Und sie selber fortdenken kann man ja auch nicht so ohne weiteres. Bin ja nicht ohne Grund krank – das muss ja auch mal Vorteile haben. Wie eben die unschlagbare Fähigkeit, mich selbst als völlig irrelevant wahrzunehmen. Irre Skillz lege ich da an den Tag.

Um sowas zu bekämpfen – muss in meinem Leben normalerweise etwas geschehen, was mir das Gefühl verleiht, nicht völlig ohnmächtig Situationen ausgeliefert zu sein. Etwas schaffen können. Bewegen. Daran hapert es. Leider. Ich muss dann immer an ein Schiff auf dem Wasser denken, welches nur manövrieren kann, wenn es sich schneller als das Wasser selbst bewegt. Und diese Energie – das Vertrauen, diese Energie zu haben oder aufbringen zu können, die fehlt mir. Aus zahlreichen Gründen, denen ich nun schon knapp zwei Jahre auf der sehr undeutlichen Spur bin. Aber: es hat bestimmt was mit Männlichkeit und Selbstbestimmung zu tun.

Ich kann nicht einmal „Nein“ sagen.

Das ist schon nervig. Ich bin manchmal so sehr Spielball, dass ich mir Verpflichtungen auferlegen lasse, die ich ohnehin nicht erfüllen kann – aber das ist eine Problematik, die sich ja total gut nach hinten wegprokrastinieren lässt. Also – bis es so weit ist, dass man eine Verpflichtung nicht erfüllt. Total gutes System.

Mächtig fühlen also. Damit man mal das Selbstvertrauen aufbaut, tatsächlich ein wenig Kontrolle über das Leben zurückgewinnen zu wollen. Es ist ja auch ganz angenehm als Spielball.

Mächtig fühlen. Fühlen reicht. Man muss nicht direkt sein.

Es läuft ja viel über Selbstbetrug. Da bin ich zum Beispiel ganz schön hervorragend drin.
Es is alles in Ordnung! ist n recht verbreitetes Beispiel. Oder: Du hast kein Alkoholproblem.
Hab ich mir selbst alles schon erzählt – und geglaubt. Das kann ich also. Warum drehe ich den Scheiß dann nicht einfach mal um? Klar, geht nicht so einfach. Sich einfach einreden „Du hast hier voll die Kontrolle über irgendwas“ funktioniert natürlich nicht, wenn man über nix die Kontrolle hat, is klar.

Während ich diese vertrackte Aufgabe lösungsfrei mit mir ein paar Wochen herumtrage – denke ich an einen wunderbaren Kurzfilm. Name und Mensch dahinter sind mir grad nicht präsent, so mir das wieder einfällt reiche ich das gerne nach. Eine ganz gewöhnliche Straßenszene. Kamera einfach draufgehalten und laufengelassen. Eine einzige Einstellung. Dokumentarisch. Nicht inszeniert. Menschen kommen und gehen. Vögel fliegen rein und raus. Sowas. Als Ton darunter geschnitten sind die Anweisungen eines Regisseurs, welcher eigentlich nur beschreibt, was grad im Bild geschieht. Aber eben in Form einer Anweisung. Diese Tonspur dann – zack – eine Sekunde früher abgespielt – und es wirkt, als läge die Kontrolle über alles, was da im Bild geschieht wirklich in seinen Händen. Obwohl er de facto nur beschreibt.
Gutes Konzept, denke ich mir. Sollte ich auch mal probieren. Und suche mir, da ich nicht in die Zukunft sehen kann, Dinge, von denen ich weiß, wie sie ablaufen.

Ich stehe vor der Tür einer U-Bahn. Wir fahren ein. Ich bewege meine Hände seitlich und konzentriere mich auf den Gedanken „ÖFFNE DICH“ – und, ihr werdet es nicht glauben, die Tür schwingt auf. Nur durch die Kraft meiner Gedanken. Fast. Aber dieses „fast“, das kann ich dank Selbstbetrugserfahrung ganz gut nach hinten drängen. Und fühle mich recht mächtig. Habe Kontrolle über die Tür.
Oder ich stehe mit dem Auto vor einer Ampel. Sie springt auf grün. Während ich fast unbewusst das Gaspedal trete – gleiten meine Hände in einer schiebenden Bewegung nach vorn. Krass. Ich habe das Auto bewegt. Kraft meiner Gedanken.

Bin ich also doch ein Jedi.

Fast. Mir ist natürlich auch klar, dass das alles Kindereien sind. Aber sie bergen zwei große Pluspunkte in sich: Ich habe das Gefühl, ein wenig Kontrolle zu besitzen. Nicht völlig bedeutungslos durch diese Welt zu gehen. Im wahrsten Sinne des Wortes „etwas bewegen zu können“.
Und: es ist kindisch. Furchtbar toll kindisch. Ich kichere danach gern in mich hinein. Manchmal auch heraus. Das zaubert ein Grinsen in mein Gesicht. Die Leute lächeln zurück.
Ganz so scheiße scheinst du ja doch nicht zu sein, denke ich dann. Ein bisschen albern, aber das ist ja okay. Schließlich bist du ja auch verrückt.

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