Standortbestimmungen. Wer bin ich, was mache ich. Letztens fiel mir auf, dass ich mir diese Fragen nie gestellt habe. Dennoch habe ich immer wieder versucht, mich zu definieren. Darüber, was ich nicht bin. Total überraschend, dass sowas schief geht.
Wir wollen alle ja immer gerne wissen, wer wir sind. Das gehört angeblich dazu zu diesem „sich selbst finden“. Und gesucht habe ich fleißig, nach mir selbst. Aber gefunden habe ich mich nie, weil ich immer an den falschen Orten gesucht habe. Beziehungsweise habe ich versucht, mich nicht über mich selbst zu definieren und zu finden, sondern über alles andere.
Manche mögen das ein „streben nach etwas“ nennen. Ist eigentlich ne coole Sache. Wenn man denn ein Ziel hat – und nicht nur nen Startpunkt, so wie ich.
Ein Beispiel:
Ein guter Freund von mir ist sehr erfolgreich auf der Bühne, mit dem, was er tut. War er immer schon. Inzwischen kannst du keine zwei Schritte mehr auf irgendeiner Fernsehbühne machen, ohne über ihn zu stolpern. Was mal sehr geil ist. Das Problem daran: Wir sind in der selben Branche unterwegs, gern auch gemeinsam. Und immer wieder in der Vergangenheit saß ich also neben meinem Kumpel (nennen wir ihn einfach mal…Fred) im Auto und dachte: Scheiße, so willst du auch sein. Aber so bist du nicht. Du bist nicht so erfolgreich, deine Texte sind nicht so witzig wie seine, dein Charisma nicht so einnehmend, deine Nase für Themen nicht so absolut zielsicher im Alltag. Kurzum: Mir fehlt dieses, jenes, und dies und das und noch einiges mehr. Kurz: Vergleiche machen unglücklich. Selbstdefinition über Unzulänglichkeiten machen unglücklicher. Fred verstand das zum Glück nie so wirklich. Er ist einer, der sich in dem sieht, was er ist.
Ich sehe mich in dem, was ich nicht bin.
Er sieht Stärken in sich, ich sehe fehlende Stärken in mir.
Definition über negativen Raum.
Aber will ich eigentlich wissen, was ich alles nicht bin?
Der trügerische Gedanke dahinter liegt darin, zu glauben, dass eine Form von zwei Seiten gleichwertig definiert werden kann. Von außen, und von innen. Erfasse ich den Raum, den eine Form einnimmt, oder erfasse ich den Raum, den eine Form nicht einnimmt und schließe dadurch auf diese Form?
Verwirrend, oder? Hier, ein Bild:
Das ist eine von innen definierte Form. Schwarz ist Definitionsmasse. Hier: Was man ist. Was man kann. Was man erreicht hat. Voll gut. Voll logisch. So soll das.
Was ich allerdings tue – ist erstens total bescheuert, zweitens ungesund und drittens der Tod für jeden Edding. Ich definiere mich von außen. Negativ. Ich muss scheinbar die Aussparung sein von all dem, was ich nicht bin.
Schwarze Definitionsmasse. Was ich nicht bin. Was ich nicht kann. Was ich nicht erreicht habe. Na Danke. Warum auch auf das schauen, was man kann wenn es doch viel leichter ist, andere Menschen anzusehen und festzustellen, was man alles nicht kann.
Der schwarze Raum ist unendlich. Mir ist hier nur der Edding ausgegangen.
Ich bin kein Arzt. Ich bin kein Baggerfahrer. Ich bin keine Frau. Ich muss jetzt nur noch exakt unendlich viele Dinge aufzählen um zu erläutern, was ich denn tatsächlich bin. Geiler Shizzle. Voll praktisch.
Gut, ich KÖNNTE auch einfach mal auf mich selbst schauen und sagen:
Guten Tach. Ich bin Tobi. Ich bin Schriftsteller. Manchmal bin ich sehr lustig.
Aber, ganz ehrlich, dann wäre ja der ganze Spaß der Selbstgeißelung und der idiotenhaften Dauerfeststellung der eigenen Unzulänglichkeiten ganz schön schnell vorbei.
Und das, das will ja nun wirklich keiner.